Bilanzierungs- und Buchführungspflichten für Kleinunternehmen

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Buchführungs- und Bilanzierungspflichten  kleiner Unternehmen und aktuelle Entwicklungen.

Bilanzierungspflicht – Was ist das und wer braucht das?

Unter Bilanzierungspflicht versteht man die Verpflichtung für bestimmte Unternehmen, einen Jahresabschluss, bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und ggf. einem erläuternden Anhang aufstellen zu müssen. Der Jahresabschluss wird immer für den Zeitraum eines Geschäftsjahres, also in der Regel für ein Kalenderjahr, erstellt. Die Regeln für die Aufstellung des Jahresabschlusses ergeben sich aus den Bilanzierungsregeln des Handelsgesetzbuches. Für steuerliche Zwecke gibt es besondere Gewinnermittlungsvorschriften, die in vielen Fällen eine Überleitung zu einer speziellen Steuerbilanz erforderlich machen.

Ziel der Bilanzierung ist es, einen Überblick über die Vermögens-, Finanz-, und Ertragslage eines Unternehmens für das  abgelaufene Geschäftsjahr zu geben. Adressaten des Jahresabschlusses sind vor allem Inhaber, Gläubiger wie Banken und letztlich auch der Fiskus. Die Einhaltung spezieller Bilanzregeln ist erforderlich, um  den Adressaten des Jahresabschlusses ein weitgehend objektiviertes Bild zu geben. Häufig richten sich auch Tantiemeregelungen und gesellschaftsvertragliche Regelungen nach den Zahlen des handelsrechtlichen Jahresabschlusses. Nicht zu vergessen ist auch die Funktion zur Ermittlung und (bei Personengesellschaften) Verteilung eines Jahresergebnisses.

Je kleiner das Unternehmen, desto geringer ist der Adressatenkreis des Jahresabschlusses. Bei einem typischen inhabergeführten Kleinunternehmen, gleich welcher Rechtsform, fällt beispielsweise die Informations- und Rechenschaftsfunktion der Geschäftsführung gegenüber dem bzw. den Inhabern weg, da Inhaberschaft und Management in einer Person liegen. Verbleiben also noch Hausbanken und das Finanzamt. Erstere ist an einem handelsrechtlichen Jahresabschluss in der Regel  bei nennenswerten Finanzierungsvolumina interessiert; das Finanzamt ist an der Ermittlung eines Jahresergebnisses interessiert und legt dabei ggf. zusätzlich zu den Bilanzierungsregeln des Handelsgesetzbuches eigene steuerliche Regelungen zu Grunde. Abhängig  von Größe und Rechtsform eines Unternehmens gibt es verschiedene besteht entweder gar keine oder eine erleichterte Form der Bilanzierungspflicht. Daneben tritt, ebenfalls von Rechtsform und Größe abhängig, die Verpflichtung zur abgestuften Veröffentlichung von Teilen des Jahresabschlusses.

Da insbesondere auch kleinste GmbH und GmbH & Co. KG unabhängig von Größe und Eigentümerstruktur stets bilanzierungspflichtig sind, gab es in neuerer Zeit Bestrebungen auf Seiten der EU, für bestimmte Klein- und Kleinstunternehmen Erleichterungen zu schaffen.

Pflichten abhängig von Rechtsform und Größe

Die dominierenden Rechtsformen für kleine Unternehmen lassen sich unterscheiden in die persönlich unbeschränkt haftenden Formen sowie in die beschränkt haftenden Formen. Die wichtigsten unbeschränkt persönlich haftenden Formen sind:

  • Einzelkaufmann / Selbständiger Freiberufler

Als Personengesellschaften:

  • Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
  • offene Handelsgesellschaft (oHG)
  • Partnerschaftsgesellschaft (PartG)

Die wichtigsten haftungsbeschränkten Formen sind:

  • als Kapitalgesellschaft: die GmbH und die
  • Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt (UG) und
  • als Personengesellschaft: die GmbH & Co. KG.

Freiberufler

Bei den unbeschränkt haftenden Formen genießen Freiberufler (Ärzte, Steuerberater, Journalisten, Rechtsanwälte, Unternehmensberater usw.) die größte Freiheit. Unabhängig davon, ob Angehörige dieser Gruppe allein oder in Gesellschaft mit anderen als Sozietät bzw. GbR oder Partnerschaftsgesellschaft agieren, unterliegen sie lediglich einer  steuerlichen Rechnungslegungspflicht. Einen handelsrechtlichen Jahresabschluss gibt es, mangels Kaufmannseigenschaft, für diese Gruppe nicht. Auch dem Fiskus reicht eine einfache Einnahmenüberschussrechnung für diese Gruppierung aus. Dies gilt selbst bei großen mittelständischen Rechtsanwalts- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen, die häufig als Sozietät oder Partnerschaftsgesellschaft firmieren.

Einzelunternehmer

Abzugrenzen von den Freiberuflern sind die gewerblichen Unternehmer, die dem Kaufmannsrecht unterliegen sowie die sogenannten Kleingewerbetreibenden. In der Praxis richtet sich die Buchführung und Bilanzierung für beide Gruppen nach den Regeln des Steuerrechts. Demnach besteht eine Buchführungs- und Bilanzierungspflicht, wenn der Jahresumsatz mehr als 500.000 EUR oder der Gewinn mehr als 50.000 EUR betragen hat. Das Finanzamt muss die Buchführung allerdings  explizit per Verwaltungsakt anordnen. Solange dies nicht geschieht, reicht eine einfache Gewinnermittlung durch Erstellen einer Einnahmenüberschussrechnung aus. Es besteht allerdings auch gegenüber dem Finanzamt immer die Möglichkeit, freiwillig Bücher zu führen. Eine Offenlegungspflicht besteht grundsätzlich nicht.

Personenhandelsgesellschaften

Eine Besonderheit besteht bei den unbeschränkt haftenden Personenhandelsgesellschaften, also oHG und KG. Diese unterliegen qua Rechtsform dem Kaufmannsrecht und sind damit Buchführungs- und Bilanzierungspflichtig. Dies gilt dann auch gegenüber dem Finanzamt.

Eine Pflicht zur Offenlegung der Abschlüsse besteht ebenso wenig wie ein erläuternder Anhang zu Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung  verpflichtend ist. Auch ist die Anwendung der detaillierten Bilanzierungsregeln des HGB, wie sie für GmbH und GmbH & Co. KG vorgesehen sind, nicht gesetzlich verpflichtend. Eine entsprechende Selbstverpflichtung zur Anwendung der Regeln für GmbH und GmbH & Co. KG findet sich häufig in Gesellschaftsverträgen bei größeren mittelständischen Gesellschaften, bei denen eine strengere Trennung zwischen Kapital und Management herrscht. Ansonsten reicht eine an den steuerlichen Vorschriften orientierte Bilanzierung aus.

GmbH und GmbH & Co. KG

Die  haftungsbeschränkten Gesellschaftsformen unterliegen grundsätzlich deutlich strengeren Rechnungslegungsvorschriften. Die anzuwendenden Regeln basieren auf EU Richtlinien und bewegen sich in ihrer neuesten „Inkarnation“ in Form des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) zunehmend in Richtung des internationalen IFRS Regelwerks. Die erhöhten Anforderungen werden damit begründet, dass eben durch die Haftungsbeschränkung ein deutlich größeres Schutzinteresse für die Gläubiger der Gesellschaft gesehen wird. Zudem sind die Regeln durch das Informationsinteresse und Rechenschaftsbedürfnis von Aktionären bei kapitalmarktorientierten Gesellschaften geprägt.

Es bestehen zwar Abstufungen der Bilanzierungsregeln für kleine, mittelgroße und große Gesellschaften. Schon die kleine Gesellschaft unterliegt jedoch grundsätzlich dem BilMoG-Regelwerk des HGB und der Pflicht zur Offenlegung eines (verkürzten) Jahresabschlusses im für jedermann einsehbaren elektronischen Bundesanzeiger (www.ebanz.de bzw. www.unternehmensregister.de). Die mittelgroße Größenklasse wird erst von größeren mittelständischen Einheiten erreicht. Deren Jahresabschluss muss zudem durch Wirtschaftsprüfer geprüft werden. Die Anforderungen an die Rechnungslegung der UG, GmbH und GmbH & Co. KG tragen zu den im Vergleich höheren laufenden Verwaltungskosten dieser Gesellschaftsformen bei. Diese Pflichten werden häufig als der erforderliche Preis für die Haftungsbeschränkung dargestellt.

Getrieben (man könnte auch sagen: übertrieben) durch ein erhöhtes Rechenschaftsbedürfnis  politischer Verantwortungsträger findet sich selbst bei kleinen kommunalen Eigengesellschaften häufig eine Selbstverpflichtung zur Anwendung der Bilanzierungsregeln für große GmbHs sowie zur Aufstellung eines Lageberichts sowie einer kostentreibenden Prüfungspflicht durch externe Wirtschaftsprüfer.

EU Bestrebungen zur Vereinfachung bei Kleinunternehmen

Häufig ist gerade bei Klein- und Kleinstunternehmen das Finanzamt die einzige Adresse, die den Jahresabschluss auswertet. Für den Unternehmer, der in der Regel selbst die Geschäfte leitet, hat der Jahresabschluss nur geringen Informationswert: eine betriebswirtschaftliche Steuerung lässt sich durch eine Jahresrechnung ohnehin nicht erreichen, zudem lassen sich aus dem Zahlenwerk nur grobe betriebswirtschaftliche Hinweise ableiten. Gerade der Kleinunternehmer würde daher gerne auf diese als lästig, kostenintensiv und bürokratisch empfundene Pflicht verzichten. Die Möglichkeit für Konkurrenten, Einsicht in die veröffentlichte Bilanz des eigenen Unternehmens nehmen, wird nur ungern akzeptiert.

Das EU-Parlament hat daher Mitte März 2010 mit breiter Zustimmung der Abgeordneten einer Initiative der Kommission von Anfang 2009 zugestimmt, die die Abschaffung der Bilanzierungspflicht für kleinere Unternehmen vorsah. Die Presse titelte daraufhin Schlagzeilen wie „EU-Parlament  kippt Bilanzierungspflicht für kleine Unternehmen“. Die erforderliche Zustimmung der EU-Mitgliedstaaten konnte allerdings bis heute nicht erreicht werden. Ein jüngerer Kompromissvorschlag aus dem Ministerrat enthält nun nur noch kleine Vereinfachungen in den Bilanzierungsregeln für kleine Unternehmen. Diese wären zudem nicht verpflichtend von den Mitgliedstaaten umzusetzen. Als solche Kleinunternehmen würden Unternehmen gelten, die zwei  von drei Kriterien erfüllen:  die Beschäftigung von weniger als 10 Mitarbeitern,  eine Bilanzsumme unter 250.000 EUR und Umsatzerlöse unter 500.000 EUR.

Aus Kreisen des EU-Parlaments verlautete  allerdings schon, dass eine weitere Initiative gestartet werden wird, um die vorgesehene Abschaffung der Bilanzierungs- und Publizitätspflicht für kleine und Kleinstunternehmen doch noch zu erreichen. Ein solcher Schritt wird als wesentlicher Beitrag zum Bürokratieabbau angesehen. Das Parlament spricht von einem durchschnittlichen Einsparungspotenzial eines europäischen Kleinunternehmens von 1.600 EUR. Es ist nach derzeitigem Stand allerdings nicht absehbar, wann und ob kleinere Unternehmen tatsächlich von ihren Bilanzierungs- und Offenlegungspflichten verschont werden.