Kein Vorsteuerabzug bei unzutreffender Steuernummer in Rechnung

Der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers setzt eine Rechnung des leistenden Unternehmers voraus, die bestimmte Pflichtangaben enthalten muss. Hierzu gehört laut Umsatzsteuergesetz auch die An­gabe der Steuernummer oder der Umsatzsteuer-Identifi­kationsnummer des leistenden Unternehmers.

Eine fehlerhafte Rechnung kann grundsätzlich korrigiert werden. Nach der bisherigen Rechtsauffassung wirkt eine Berichtigung aber nicht auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnung zurück, sondern ermöglicht den Vorsteuerabzug erst nach der Berichtigung; hierdurch können sich erhebliche Zinsnachzahlungen ergeben.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat jüngst jedoch angedeutet, dass eine richtig gestellte Rechnung auch rückwirkend zu berücksichtigen sein könnte.

Streitfall: Ein Unternehmer wollte die Vorsteuer aus einer Rechnung geltend machen, in der der leistende Unternehmer statt seiner Steuernummer das Wiedervorlage-Aktenzeichen seines Finanzamts angegeben hatte („75/180 Wv“); Aktenzeichen mit dem Zusatz „Wv“ verwendet das Finanzamt bei der erstmaligen steuerlichen Erfassung, bis die endgültige Steuernummer feststeht. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug mangels Angabe der Steuernummer bzw. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) lehnte den Vorsteuerabzug ebenfalls ab. Die zutreffende Angabe der Steuernummer oder der Umsatzsteuer-Identifikations­nummer ist zwingende Voraussetzung für den Vorsteuerabzug des Unternehmers. Das Wiedervorlage-Aktenzei­chen des Finanzamts stellt aber keine Steuernummer in diesem Sinne dar.

Offen gelassen hat der BFH die Frage, ob sich aus dem EuGH-Urteil eine rückwirkende Rechnungsberichtigung er­gibt. Im Streitfall scheiterte eine Rückwirkung jedenfalls bereits daran, dass eine Korrektur nicht bis zum Schluss des erstinstanzlichen Verfahrens erfolgt war.

Schließlich schloss der BFH eine Billigkeitsentscheidung zugunsten des Unternehmers aus. Zwar kann die Vorsteuer im Billigkeitswege berücksichtigt werden, wenn die Rechnung unzutreffend ist. Dies setzt aber einen Vertrauenstatbestand des Unternehmers voraus. Hieran fehlte es, weil dem Unternehmer hätte klar sein müssen, dass die Bezeichnung „75/180 Wv“ keine gültige Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer darstellt. Zudem wird über die Billigkeitsmaßnahme in einem gesonderten Verfahren und nicht im Rahmen der Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid entschieden.

Hinweis: Eine abschließende höchstrichterliche Entscheidung über die rückwirkende Berücksichtigung einer berichtigten Rechnung steht weiterhin aus. Vorsorglich sollte daher eine Rechnung so früh wie möglich berichtigt werden und der Vorsteuerabzug rückwirkend geltend gemacht werden, um die Zinsnachforderung des Finanzamts zu mindern.

Die Finanzverwaltung hat sich mittlerweile auf eine Nachfrage des Deutschen Steuerberaterverbandes explizit gegen eine rückwirkende Berichtigung ausgesprochen und damit ihre bisherige Rechtsauffassung bekräftigt.

BFH: Urteil vom 2. 9. 2010 - V R 55/09, Urteil vom 30. 4. 2009 - V R 15/07
EuGH v. 15.07.2010 - C-368/0